Am 08. Mai 2023 – dem Tag der Befreiung – wurde der 9. Thüringer Demokratiepreis von Helmut Holter, Minister für Bildung, Jugend und Sport im Freistaat Thüringen, in Erfurt verliehen. Insgesamt wurden sieben Projekte und Initiativen ausgezeichnet. Wir, der Verein Siebenhitze e.V., erhielten einen Anerkennungspreis für unser beständiges Engagement in Greiz und Umgebung.
Wir wollen einen Ort der Begegnung, der Toleranz, des Miteinanders, der Emanzipation, der Kultur und der Bildung schaffen und organisieren uns basisdemokratisch selbst in und um das Haus in der Siebenhitze 51. Zwar freuen wir uns wirklich sehr, besonders auch für unsere vielen, ausschließlich ehrenamtlichen tätigen Freund*innen, Helfer*innen und Verbündeten, das unser Tun gesehen und gewürdigt wird.
Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack.
Wir wenden uns konsequent gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und tun dies mit Informationsveranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Filmen, Konzerten, Workshops und eben auch mit Demonstrationen. Und in diesem Zusammenhang gilt leider das Zitat von Esther Bejarano: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen.“
Zuletzt erlebten auch wir, mit vielen anderen Aktiven, wie am 01. Mai in Gera eine antifaschistische Demonstration trotz Anmeldung, Absprachen und Kooperationsbereitschaft mehrfach blockiert, aufgehalten und schließlich für beendet erklärt und eingekesselt wurde. Staatliche Repression droht rund 250 der über 700 Teilnehmer*innen, die einzeln erkennungsdienstlich behandelt und mit strafrechtlichen Konsequenzen bedroht wurden. Dies alles während – sowohl am 01. Mai selbst als auch inzwischen über Jahre zuvor – wöchentlich Aufmärsche von sogenannten Spaziergänger*innen, also einer gefährlichen Melange aus Rechtsradikalen, Neonazis, Verschwörungsgläubigen, der AFD und ihren Anhänger*innen oft unangemeldet, unbeauflagt, mit Fahnenstöcken und Schlaghandschuhen, teils mit Hunden und Pyrotechnik ausgestattet, uns allen in Gera, in Greiz, in Zeulenroda und viel zu vielen, weiteren Orten auf der Nase herum tanzt.
Ein großer Dank an die Preisträger von AIS SHK und auch die Laudatio der Omas gegen Rechts, die dies bei der Verleihung deutlich thematisiert haben. In seiner Laudatio würdigte Minister Holter das Engagement des Vereins mit den Worten: „Faschismus war, ist und bleibt ein Verbrechen“. Diesen Worten müssen Taten folgen, insbesondere auch durch den Innenminister Maier. Antifaschismus zu kriminalisieren stärkt letztlich nur die Feinde der Freiheit und die häufig zu hörende Aufforderung der Politik, die Zivilgesellschaft müsse sich gegen Nazis und autoritäre Bestrebungen stärker engagieren, verliert somit jede Glaubwürdigkeit und klingt wie Zynismus.
Wir werden uns dennoch weiterhin engagieren und hoffen, dass wir mit unseren Aktivitäten auch andere Menschen dazu motivieren können, sich für eine offene Gesellschaft einzusetzen. Einen Teil des Preisgeldes werden wir zur Deckung etwaiger Kosten für Teilnehmer*innen der genannten Demonstration am 1. Mai in Gera spenden und bei Veranstaltungen auch weiterhin Spenden dafür sammeln.
Denn demokratisch zu handeln bedeutet für uns immer auch solidarisch zu sein.